Das Thema „Scheidungstourismus“ hatte vergangenes Jahr die Gemüter erregt. Hinter diesem etwas schillernden Begriff verbirgt sich zuweilen die Vorstellung, im Ausland könne man sich schneller und einfacher scheiden lassen. Wer so denkt, kann irren.

Eine im Ausland durch ein Gericht, eine Behörde oder auch nach religiösem Recht erfolgte Scheidung, sei es nun die Scheidung zweier Deutscher oder auch anderer Staatsangehöriger, wird in Deutschland nämlich nicht so ohne weiteres behandelt wie eine hier vollzogene Scheidung. Wer sich auf die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer im Ausland erfolgten Scheidung beruft, hat in bestimmten, gesetzlich näher geregelten Fällen erst ein sogenanntes Anerkennungsverfahren zu durchlaufen, in dem festgestellt wird, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen, und das für den Antragsteller auch durchaus negativ ausgehen kann. Antragsberechtigt ist neben den betroffenen Ehegatten jeder, der ein rechtliches Interesse an der Klärung der Statusfrage glaubhaft macht, z.B. spätere Ehegatten, Erben oder Rentenversicherungsanstalten.
Keines Anerkennungsverfahrens bedarf es bei Entscheidungen aus EU-Staaten – Dänemark ausgenommen – und Entscheidungen eines Staates, dem zum Zeitpunkt der Entscheidung beide Ehegatten angehört haben. Allerdings können auch in diesen Fällen gegen das Scheidungsurteil Einwendungen erhoben werden. Darüber entscheidet das Amtsgericht.

Ist ein Verfahren durchzuführen, ob eine im Ausland erfolgte Scheidung anerkennungsfähig ist, entscheidet darüber als zentrale Behörde für ganz Bayern der Präsident des Oberlandesgerichts München, dem die Landesjustizverwaltung die eigentlich ihr im Rahmen des Anerkennungsverfahren zustehenden Befugnisse übertragen hat und dem hierbei mehrere Mitarbeiter zur Seite stehen. Die Entscheidung ergeht in einem Verwaltungsverfahren, nicht mittels gerichtlichen Urteils oder Beschlusses.
Der im Anerkennungsverfahren ergehende Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts kann auf Antrag gerichtlich überprüft werden. Den Antrag kann stellen, wer durch den Bescheid beschwert ist. Für die gerichtliche Überprüfung ist im Regelfall – ebenfalls für ganz Bayern – ein Zivilsenat des Oberlandesgerichts München zuständig. Gegen dessen Entscheidung findet noch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof statt.

Die deutschen Gesetze geben detailliert vor, wie sich das Verfahren gestaltet und worauf zu achten ist. Näheres hierzu steht im FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

Einige Fallzahlen:

Im Jahr 2010 wurden beim Oberlandesgericht München 1110 Anträge eingereicht, was nahezu der Vorjahreszahl entspricht.
Die meisten zu überprüfenden ausländischen Entscheidungen stammten aus der Türkei (162), gefolgt von den USA (138), Russland (94), Bosnien und Herzegowina (76) und Kosovo (58).

Wer sich eingehender informieren will, findet zum Anerkennungsverfahren (wie auch zum Verfahren über die sogenannte Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses, § 1309 BGB) weitere Informationen über das Internet auf der Seite

Quelle: Pressemitteilung OLG München

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