Unterhalt bei unberechtigten Missbrauchsvorwürfen verwirkt. Der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten kann verwirkt sein, wenn er dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten über Jahre wiederholt zu Unrecht sexuellen Missbrauch vorwirft und die Vorwürfe objektiv geeignet sind, den Unterhaltsverpflichteten in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und so seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zu zerstören. Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm am 03.12.2013 entschieden und insoweit den erstinstanzlichen Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dorsten bestätigt.
Die in Dorsten und Essen lebenden Eheleute sind seit dem Jahre 2002
rechtskräftig geschieden. Aus der im Jahre 1980 geschlossenen Ehe
sind 4 mittlerweile erwachsene Kinder hervorgegangen. Nach der
Trennung der Eheleute im Jahre 1999 behauptete die Ehefrau im
Rahmen der familiengerichtlichen Auseinandersetzung, der Ehemann
habe die 1993 geborene gemeinsame Tochter sexuell missbraucht.
Daraufhin eingeholte Sachverständigengutachten kamen 2001 zu dem
Ergebnis, dass es keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Kindes
durch den Vater gibt. In Kenntnis dieses Ergebnisses erklärte die
Ehefrau noch im Jahre 2001 gegenüber der Vermieterin des Ehemanns,
der Ehemann sei ein „Kinderschänder“ und äußerte 2002 gegenüber
seiner Lebensgefährtin, er habe pädophile Neigungen. Einen
Verdacht, der Ehemann habe die gemeinsame Tochter missbraucht,
teilte sie 2002 zudem dem Jugendamt mit. Wegen dieser Äußerungen
verurteilte das Landgericht Duisburg die Ehefrau im Jahre 2003 dazu,
es zu unterlassen, gegenüber Dritten zu behaupten, der Ehemann sei
ein Kinderschänder. Den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs wiederholte
die Ehefrau 2002 zudem gegenüber zwei ihrer Kinder und sodann
2005 im Rahmen einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Ehemann und deutete den Vorwurf 2006 in einem an den Verfahrensbevollmächtigten des Ehemanns gerichteten Schreiben erneut an.
Im anhängigen familiengerichtlichen Verfahren hat die Ehefrau nachehelichen
Unterhalt in Höhe von monatlich über 1.500 € verlangt und u.a. gemeint, ihr Anspruch sei nicht verwirkt. Ihre Verdachtsmomente für einen sexuellen Missbrauch habe sie äußern dürfen, wahrheitswidrig erhobene  Missbrauchsvorwürfe könnten ihr auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht als Fehlverhalten vorgeworfen werden, weil sie seinerzeit an Depressionen gelitten habe.
Das Unterhaltsverlangen der Ehefrau ist erfolglos geblieben. Der 2.
Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm hat ihren
Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt als verwirkt angesehen. Die
Ehefrau habe dem Ehemann über Jahre wiederholt zu Unrecht den
sexuellen Missbrauch der Tochter vorgeworfen. Nach der Vorlage der
Sachverständigengutachten stellten ihre Äußerungen gegenüber unbeteiligten
Dritten wie der Vermieterin, der Lebensgefährtin, den Kindern
und einer Zivilrichterin ein schwerwiegendes, eindeutig bei der Ehefrau
liegendes Fehlverhalten dar. Die wiederholt und über mehrere Jahre
ohne tatsächliche Anhaltspunkte auch Dritten gegenüber geäußerten
Missbrauchsvorwürfe seien objektiv geeignet gewesen, den Ehemann
in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und hätten so
seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zerstören können.
Bei den schon objektiv sehr schwerwiegenden Vorwürfen komme es
nicht darauf an, ob sie von der Ehefrau im Zustand einer Schuldunfähigkeit
erhoben worden seien. Bei derart schweren und nachhaltigen
Beeinträchtigungen gebiete es die nacheheliche Solidarität auch nicht
mehr, einem ggfls. schuldlos handelnden Ehegatten Unterhalt zu gewähren.

Rechtskräftiger Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 03.12.2013 (2 UF 105/13)
Quelle: Pressetext OLG Hamm

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