Die Nichtzulassung der sukzessiven Adoption angenommener Kinder
eingetragener Lebenspartner durch den anderen Lebenspartner verletzt
sowohl die betroffenen Kinder als auch die betroffenen Lebenspartner in
ihrem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Dies hat der Erste
Senat des Bundesverfassungsgerichts in einem heute verkündeten Urteil
entschieden. Der Gesetzgeber hat bis zum 30. Juni 2014 eine
verfassungsgemäße Regelung zu treffen. Bis zur gesetzlichen Neuregelung
ist das Lebenspartnerschaftsgesetz mit der Maßgabe anzuwenden, dass die
Sukzessivadoption auch für eingetragene Lebenspartnerschaften möglich
ist. 
	Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen
	zugrunde:
1. Nach bisheriger Rechtslage ist die Adoption des leiblichen Kindes des
	eingetragenen Lebenspartners möglich (sogenannte Stiefkindadoption, § 9
	Abs. 7 LPartG). Nicht eröffnet ist hingegen die hier in Rede stehende
	Adoption des vom eingetragenen Lebenspartner angenommenen Kindes
	(sogenannte Sukzessivadoption). Ehegatten wird demgegenüber sowohl die
	Möglichkeit der Stiefkindadoption als auch die der Sukzessivadoption
	eingeräumt.
2. Hinsichtlich der beiden Ausgangsverfahren wird auf die
	Pressemitteilung Nr. 81/2012 vom 3. Dezember 2012 verwiesen.
3. Der Ausschluss der Sukzessivadoption durch eingetragene Lebenspartner
	verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
a) Dabei kommt ein – gegenüber dem bloßen Willkürverbot – deutlich
	strengerer Prüfungsmaßstab zur Anwendung. Mit Blick auf die
	Ungleichbehandlung der betroffenen Kinder gilt dies schon deshalb, weil
	Grundrechte berührt sind, die für die Persönlichkeitsentfaltung der
	Kinder wesentlich sind. Auch die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
	von Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern unterliegt hohen
	verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil sie die sexuelle Identität
	betrifft.
b) Die Ungleichbehandlung der betroffenen Kinder im Verhältnis zu
	adoptierten Kindern von Ehepartnern ist nicht gerechtfertigt. Gleiches
	gilt für die Ungleichbehandlung der betroffenen Lebenspartner im
	Verhältnis zu Ehegatten, denen eine Sukzessivadoption möglich ist.
aa) Generell soll mit der Beschränkung von Sukzessivadoptionen
	insbesondere der Gefahr entgegengewirkt werden, dass ein Kind
	konkurrierenden Elternrechten ausgesetzt ist, die widersprüchlich
	ausgeübt werden könnten. Zum Wohle des Kindes soll zudem verhindert
	werden, dass es im Wege der sukzessiven Adoption von Familie zu Familie
	weitergegeben wird. Weil diese Gefahren für gering gehalten werden, wenn
	es sich bei den Eltern um Ehepartner handelt, ist die Sukzessivadoption
	durch Ehepartner zugelassen. Die Adoption durch den eingetragenen
	Lebenspartner unterscheidet sich jedoch in beiden Aspekten nicht von der
	durch den Ehepartner. Insbesondere ist die eingetragene
	Lebenspartnerschaft gleichermaßen auf Dauer angelegt und durch eine
	verbindliche Verantwortungsübernahme geprägt wie eine Ehe.
bb) Der Ausschluss der Sukzessivadoption ist nicht damit zu
	rechtfertigen, dass dem Kind das Aufwachsen mit gleichgeschlechtlichen
	Eltern schade. Es ist davon auszugehen, dass die behüteten Verhältnisse
	einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern
	ebenso fördern können wie die einer Ehe. Bedenken, die sich gegen das
	Aufwachsen von Kindern in gleichgeschlechtlichen Elterngemeinschaften im
	Allgemeinen richten, wurden in der ganz überwiegenden Zahl der
	sachverständigen Stellungnahmen zurückgewiesen. Im Übrigen wäre der
	Ausschluss der Sukzessivadoption ungeeignet, etwaige Gefahren solcher
	Art zu beseitigen, denn er kann, darf und soll nicht verhindern, dass
	das Kind mit seinem Adoptivelternteil und dessen gleichgeschlechtlichem
	Lebenspartner zusammenlebt. Weder die Einzeladoption durch homosexuelle
	Menschen noch das faktische Zusammenleben eingetragener Lebenspartner
	mit dem Kind eines der beiden Partner ließen sich ohne gravierende
	Verstöße gegen das Grundgesetz unterbinden. Das
	Lebenspartnerschaftsgesetz unterstützt deren familiäres Zusammenleben
	vielmehr, indem es gerade für diesen Fall Regelungen trifft, die dem
	Lebenspartner, der nicht Elternteil im Rechtssinne ist, elterntypische
	Befugnisse einräumen, einschließlich der Möglichkeit, einen gemeinsamen
	Lebenspartnerschaftsnamen zu verwenden. Auch die Sukzessivadoption an
	sich beeinträchtigt das Kindeswohl nicht, sondern ist diesem in den hier
	zu beurteilenden Konstellationen regelmäßig zuträglich. Nach
	Einschätzung der angehörten Sachverständigen ist sie geeignet,
	stabilisierende entwicklungspsychologische Effekte zu entfalten. Ferner
	verbessert sie die Rechtsstellung des Kindes bei Auflösung der
	Lebenspartnerschaft durch Trennung oder Tod. Dies betrifft zum einen das
	Sorgerecht, das dann im Fall der Trennung unter Berücksichtigung des
	Kindeswohls von Fall zu Fall angemessen geregelt werden kann. Zum
	anderen gilt dies in materieller Hinsicht, denn ein Kind profitiert von
	der doppelten Elternschaft insbesondere in unterhalts- und
	erbrechtlicher Hinsicht. Schließlich ist eine Gefährdung des Kindeswohls
	durch Zulassung der Sukzessivadoption auch deshalb nicht zu befürchten,
	weil jeder Adoption – auch der Sukzessivadoption – eine
	Einzelfallprüfung vorausgeht, bei der etwaige individuelle Nachteile der
	konkret in Frage stehenden Adoption berücksichtigt werden.
cc) Der Ausschluss der Sukzessivadoption wird nicht durch den Zweck
	gerechtfertigt, eine Umgehung der gesetzgeberischen Entscheidung gegen
	die Zulassung der gemeinschaftlichen Adoption durch zwei eingetragene
	Lebenspartner zu verhindern. Dabei bedarf hier keiner Entscheidung, ob
	der Ausschluss der gemeinschaftlichen Adoption mit dem Grundgesetz
	vereinbar ist, obgleich das Gesetz diese für Eheleute zulässt.
dd) Der durch Art. 6 Abs. 1 GG gebotene besondere Schutz der Ehe
	rechtfertigt nicht die Benachteiligung angenommener Kinder eines
	Lebenspartners gegenüber angenommenen Kindern eines Ehepartners. Zwar
	ist es dem Gesetzgeber wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe
	grundsätzlich nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu
	begünstigen. Zur Rechtfertigung der Benachteiligung vergleichbarer
	Lebensgemeinschaften bedarf es jedoch eines hinreichend gewichtigen
	Sachgrundes, der hier nicht gegeben ist.
c) Auch zwischen der Adoption eines leiblichen Kindes des eingetragenen
	Lebenspartners und der Adoption eines angenommenen Kindes des
	eingetragenen Lebenspartners bestehen keine Unterschiede solcher Art,
	die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten.
4. Das Recht des Kindes auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege
	und Erziehung, das Elterngrundrecht und das Familiengrundrecht sind
	hingegen – für sich genommen – nicht verletzt.
a) Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verleiht dem
	Kind ein Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und
	Erziehung. Wie der Staat seine Verpflichtung zu einem effektiven
	Grundrechtsschutz erfüllt, ist in erster Linie vom Gesetzgeber zu
	entscheiden. Die Grenzen des dem Gesetzgeber zustehenden Spielraums sind
	hier nicht überschritten. Die betroffenen Kinder sind nicht elternlos,
	sondern haben einen Elternteil im Rechtssinne. Zudem hat der Gesetzgeber
	anderweitig Sorge dafür getragen, dass der Lebenspartner des
	Adoptivelternteils in gewissem Umfang elterliche Aufgaben wahrnehmen
	kann, indem ihm praktisch wichtige elterntypische Befugnisse verliehen
	werden (vgl. § 9 Abs. 1 und Abs. 2 LPartG).
b) Dass ein eingetragener Lebenspartner das angenommene Kind seines
	Partners nicht adoptieren kann, verletzt nicht das durch Art. 6 Abs. 2
	Satz 1 GG geschützte Elternrecht. Zwar schützt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG
	nicht nur verschiedengeschlechtliche Eltern, sondern auch zwei
	Elternteile gleichen Geschlechts. Dies folgt schon aus der
	Kindeswohlfunktion des Elterngrundrechts. Auch der Wortlaut des
	Elterngrundrechts bzw. abweichende historische Vorstellungen stehen
	einer Anwendung auf zwei Personen gleichen Geschlechts nicht entgegen.
	Jedoch begründet ein allein soziales-familiäres Elternverhältnis zum
	Kind des Lebenspartners keine verfassungsrechtliche Elternschaft. Träger
	des verfassungsrechtlichen Elternrechts können grundsätzlich nur
	Personen sein, die in einem durch Abstammung oder durch
	einfachgesetzliche Zuordnung begründeten Elternverhältnis zum Kind
	stehen.
c) Schließlich verletzt der Ausschluss der Sukzessivadoption auch nicht
	das durch Art. 6 Abs. 1 GG garantierte Familiengrundrecht. Zwar bildet
	die sozial-familiäre Gemeinschaft aus eingetragenen Lebenspartnern und
	dem leiblichen oder angenommenen Kind eines Lebenspartners eine durch
	Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Familie. Jedoch kommt dem Gesetzgeber bei
	der rechtlichen Ausgestaltung der Familie ein Spielraum zu. Dieser ist
	durch die Verwehrung der Sukzessivadoption nicht überschritten. Der
	Gesetzgeber ist durch Art. 6 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, in jedem Fall
	einer faktischen Eltern-Kind-Beziehung das volle Elternrecht zu
	gewähren.
Quelle: Pressemitteilung BVerfG
	
