Der zweite Familiensenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat am 9. Mai 2008 entschieden, dass es einem alleinerziehenden geschiedenen Ehepartner, der zwei Kinder im Grundschulalter betreut,
auch nach Inkrafttreten der Unterhaltsreform nur zumutbar sein kann, einer Teilzeittätigkeit nachzugehen.

Ggfs. seien bestehende Kinderbetreuungsplätze zu nutzen. Dass Betreuungsmöglichkeiten im
Einzelfall nicht bestehen, habe der/die Alleinerziehende zu beweisen. Eine Vollzeittätigkeit könne hingegen regelmäßig nicht erwartet werden, weil Zeit verbleiben müsse, zur Arbeitsstätte zu gelangen, die notwendigen Einkäufe zu tätigen, die Grundschulkinder angemessen zu versorgen, zu betreuen und zu fördern (Hausaufgaben und Freizeitaktivitäten). Entscheidend seien stets die Umstände des Einzelfalls (vgl. § 1570 Absatz 1 Satz 2 und 3, Absatz 2 BGB). So könne auch die zuvor in der
Ehe praktizierte Rollenverteilung von Bedeutung sein. So komme etwa ein gleitender Übergang in das Arbeitsleben in Betracht, könne etwa die Anzahl der Arbeitsstunden nach und nach auf das zumutbare Maß gesteigert werden, wenn ein alleinerziehende Ehepartner früher nicht berufstätig gewesen sei.
Mit der Gesetzesänderung sollte die Eigenverantwortung der geschiedenen Ehepartner gestärkt werden. Bis zum Inkrafttreten der Unterhaltsrechtreform zum 1.1.2008 ging die Rechtsprechung
regelmäßig davon aus, dass Alleinerziehende bis zum 8. Lebensjahr eines Kindes im Regelfall keiner Berufstätigkeit, vom 9. bis zum 15. Lebensjahr einer Teilzeitbeschäftigung und ab dann einer
Vollerwerbstätigkeit nachzugehen hätten. Nach bisherigem Recht hatte im Übrigen der andere Ehepartner zu beweisen, dass eine Kinderbetreuungsmöglichkeit bestand und damit eine Erwerbstätigkeit der Alleinerziehenden möglich war.

Im konkreten Fall hatte sich die auf Unterhalt klagende, alleinerziehende
und geschiedene Ehefrau um die beiden sechs und neun Jahre alten
Kinder gekümmert. Sie hatte erstmals nach der Scheidung eine
Erwerbstätigkeit aufgenommen. Der Senat hat hier eine Erwerbstätigkeit
von fünf Stunden täglich als zumutbar angesehen. Das Amtsgericht
Duisburg hatte in erster Instanz noch eine Vollzeittätigkeit für zumutbar
gehalten.

(Beschluss des 2. Familiensenats vom 9.5.2008,
Prozesskostenhilfeverfahren, Aktenzeichen II-2 WF 62/08)

Die vollständige Entscheidung ist nach Zustellung an die Parteien in
etwa zwei Wochen im Internet unter www.nrwe.de abrufbar.

§ 1570 BGB (Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes) in der seit 1.1.2008
geltenden Fassung lautet:

(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder
Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der
Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich,
solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des
Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu
berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies
unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit
in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

Quelle: OLG Düsseldorf PM 13 vom 28.05.2008

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