Leitfaden des Familiengerichts München für Verfahren, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen (Münchener Modell) "Das Familiengericht München ist bestrebt, in Zusammenarbeit mit den Stadt- und Kreisjugendämtern sowie mit Rechtsanwälten, Beratungsstellen, Mediatoren, Verfahrenspflegern und Sachverständigen den Eltern zu helfen, im Interesse und zum Wohl ihrer Kinder selbst und eigenverantwortlich möglichst rasch eine tragfähige Lösung ihres Sorgrechts- und/oder Umgangsproblems zu finden.

 

Das Verfahren soll nach folgenden Richtlinien ablaufen:

1. Der Antrag soll im Wesentlichen die eigene Position darstellen; herabsetzende Äußerungen über den anderen Elternteil unterbleiben.

2. Der Antrag wird dem anderen Elternteil zusammen mit der Terminsladung zugestellt; das Jugendamt erhält Abschrift per Fax.

3. Auf den Antrag kann – muss aber nicht – vor dem Gerichtstermin erwidert werden.

4. Der Gerichtstermin findet längstens binnen eines Monats statt. Beide Elternteile haben die Pflicht, zu erscheinen. Kinder sind nur auf Anordnung des Gerichts zum Termin mitzubringen. Eine Verlegung des Termins ist nur in besonderen Ausnahmefällen möglich und soll einvernehmlich beantragt werden.

5. Das zuständige Jugendamt nimmt mit der betroffenen Familie umgehend Kontakt auf. Dazu ist notwendig, bereits im Antrag Telefon-, Telefax-, Handynummern und ggf. e-mail-Adressen aller Beteiligten bekannt zu geben. Soweit der zuständige Sachbearbeiter des Jugendamtes bekannt ist, ist auch dessen Name samt FAX- und Tel.-Nr. mitzuteilen. Diese Daten können vertraulich behandelt werden.

6. Das Jugendamt klärt im Einvernehmen mit den Eltern nach Möglichkeit die zuständige Beratungsstelle und den ersten Beratungstermin ab. Möchte die Beratungsstelle am ersten Termin teilnehmen, wird dies dem Gericht unverzüglich mitgeteilt.

7. Im Gerichtstermin haben die Beteiligten ausreichend Gelegenheit, ihre Standpunkte darzustellen. Schriftliche Stellungnahmen sind während des gesamten Verfahrens nicht erforderlich und sollten möglichst unterbleiben; Rechtsnachteile entstehen daraus für die Parteien nicht.

8. Im Gerichtstermin erläutert der Vertreter des Jugendamtes das Ergebnis der Gespräche mit den Eltern. Ein schriftlicher Bericht ist nicht erforderlich.

9. Im Gerichtstermin wird gemeinsam nach einer Lösung gesucht und (nur) über das Ergebnis ein Protokoll erstellt.

10. Können sich die Eltern nicht einigen, schließt sich eine Beratung oder Mediation an. Die Eltern verpflichten sich, hieran teilzunehmen. Die Verpflichtung ergibt sich für beide Elternteile in gleicher Weise aus der Verantwortung für die Kinder. Die beteiligten Fachleute unterliegen der Schweigepflicht. Die Eltern gestatten dem Gericht und dem Jugendamt lediglich die Nachfrage, ob die Beratung oder Mediation noch andauert. Die beteiligten Fachkräfte teilen dem Gericht die Beendigung der Beratung/Mediation unverzüglich mit.

11. Konnten die Eltern in der Beratung/Mediation keine gemeinsame Lösung erreichen, findet spätestens 4 Wochen nach Mitteilung des Scheiterns ein zweiter Gerichtstermin statt. Hier wird die Sachlage erneut besprochen und nach einer gemeinsamen Lösung gesucht. Es wird ein Protokoll erstellt.

12. Die betroffenen Kinder werden – falls erforderlich – spätestens in nahem zeitlichem Zusammenhang mit dem zweiten Termin angehört.

13. Sollte es erforderlich sein, ordnet das Gericht eventuell schon im ersten Termin ein Sachverständigengutachten an und/oder bestellt einen Verfahrenspfleger als Interessenvertreter für das Kind. Der Sachverständige arbeitet lösungsorientiert. Die Eltern verpflichten sich, aktiv an der Begutachtung mitzuwirken.

14. Anders als ein Berater hat der/die Sachverständige keine Schweigepflicht gegenüber Gericht und Jugendamt.

15. In bestimmten Fällen, wie häuslicher Gewalt und Kindeswohlgefährdung, hat das Gericht die Möglichkeit eines abgeänderten Verfahrens, wie z.B. getrennter Anhörungen, geschlechtsspezifischer parteilicher Beratung. Die Sicherung des Kindeswohls und des Opferschutzes hat dabei absoluten Vorrang."

 

Quelle: Münchner Anwaltsverein

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